BehiG - Behindertengerechtes bauen im
öffentlichen Verkehr
Haltestellen sind spannende Punkte im Gefüge einer Ortschaft. Sie geben Orientierung, stiften Identifikation und bieten die Möglichkeit für kommunale und/oder private Services. Kurz: Haltestellen sind wichtige öffentliche Räume.
Das sieht auch der Gesetzgeber so. Das Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG) regelt, wie die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für Menschen mit Behinderungen ermöglicht werden soll. Darin inbegriffen sind selbstredend auch Vorgaben für die Umsetzung im öffentlichen Verkehr. Das Bundesgesetz sieht vor, dass Verkehrsbetriebe, Gemeinden und Städte bis Ende 2023 verpflichtet sind, barrierefreien Zugang zum öffentlichen Verkehr zu gewährleisten und die Haltestellen in ihren Verantwortungsbereich entsprechend zu erstellen oder anzupassen.
BehiG-konforme Haltestellen sind Haltestellen mit einer hohen Haltekante. Nebst der Geometrie und der Beschaffenheit der Kante spielen jedoch noch viele andere Aspekte eine wichtige Rolle. Nachfolgend fassen wir zusammen, was das im Detail bedeutet. Der Fokus liegt dabei auf Bushaltestellen ausserhalb von städtischen Gebieten.
Grundsätzlich verfolgt man bei der Erstellung von BehiG-konformen Haltestellen den vorgeschriebenen Zweck. Diese Haltestellen sollen Menschen mit Behinderung die selbständige und autonome Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel ermöglichen. Als Nebeneffekte resultieren jedoch diverse Vorteile für Busbetriebe, ältere Leute, Eltern bzw. eigentlich von allen anderen Reisenden. Durch den schnellen Zustieg reduzieren sich Wartezeiten, der Fahrgastwechsel findet speditiv statt. Durch den ebenerdigen Zugang vereinfacht sich der Zutritt zu den Fahrzeugen auch für Seniorinnen und Senioren sowie Eltern mit Kinderwagen oder Reisende mit Gepäck. Weitere Vorteile ergeben sich durch die Aufgeräumtheit der Kante aufgrund von Vorgaben von freizuhaltenden Flächen entlang der Haltekante.
Anforderungen, die die Benützung einer Haltestelle durch Menschen mit einer Sehbehinderung vereinfachen, können zum Teil nur bedingt Nutzen stiften für Menschen mit einer Gehbehinderung oder Rollstuhlfahrende. Das Spektrum der Anforderungen ist breit und die sorgfältige Abstimmung aller Massnahmen sowie der Abgleich der verschiedenen Masse bedingen eine umfassende Planung.
In vielen Gemeinden sind in Haltestellenprojekten verschiedene Stakeholder involviert. Nicht selten ist der Strasseneigentümer, der meistens für die Erstellung der Haltekanten verantwortlich ist, ein anderer als jener, der für die Erstellung der restlichen Haltestelleninfrastruktur zuständig ist. Auch die Verkehrsbetriebe sind für die Planung und Lieferung von gewissen Infrastrukturelemente involviert. Oft spielen Ingenieursbüro eine wichtige Rolle in der Koordination von Planungsmassnahmen und nehmen den Abgleich zwischen allen Anspruchsgruppen vor. SMARTstop unterstützt diese Massnahmen mit umfassenden Planungsgrundlagen, die den gängigen Normen, Richtlinien und Empfehlungen entsprechen. Die Absicht ist, dass die Haltestelleninfrastruktur sauber und passend in das Gesamtpaket eines Haltestellenprojekts eingearbeitet werden kann.
Hindernisfreie Haltestellen müssen Menschen mit Behinderung im Sinn des BehiG eine gleichberechtigte, autonome und sponte Nutzung des öffentlichen Verkehrs gewährleisten. Deshalb müssen sie die folgenden Anforderungen erfüllen:
· Hohe Haltekante ohne Absatz zwischen Fahrzeug und Haltekante für barrierefreien Zutritt ins Fahrzeug
· Ausreichende Manövrierflächen bei den Türen und genügend Durchfahrbreiten entlang der Haltekante
· Taktil-visuelle Kennzeichnung der Einstiegsposition für Sehbehinderte bei der ersten Türe des Fahrzeugs
· Standardisierte Positionierung und Zugänglichkeit zu Fahrgastinformation und Möblierung
· Informationsvermittlung nach dem Zwei-Sinne-Prinzip
Die Höhe der Haltekante ist auf die an der Haltestelle verkehrenden Fahrzeuge auszurichten. Als Standard gilt eine Höhe von mindestens 22cm auf der gesamten Länge der Haltekante. Randsteine mit einer gerundeten Form bzw. einer zusätzlichen Einkerbung (z.B. Züri-Bord) haben sich als probat erwiesen.
Für den autonomen Einstieg von Rollstuhlfahrenden ist die Haltestelle mit möglichst geringen Gefällen zu planen. Das Quergefälle sollte max. 2% betragen und optimalerweise zur Fahrbahnmitte hinlaufen. Das Längsgefälle weist vorzugsweise weniger als 3% auf. Falls die allgemeine Positionierung einer Haltestelle in Streckenabschnitten mit mehr als 3% Längsgefälle unumgänglich ist, sollte das Längsgefälle 6% nicht übersteigen. In solchen Fällen darf die Haltekante jedoch kein zusätzliches Quergefälle aufweisen. Der Wartehallen-Baukasten HSI® ONE ist unter diesen Prämissen entwickelt worden. Sofern diese Masse auf der Haltestelle bauseitig eingehalten werden, kann die Wartehalle mit zugehörigem Fertigfundament passend versetzt werden. Alle unten aufgeführten Anforderungen können sodann durch die Wartehalle entweder unterstützt bzw. im spezifischen Fall auch erfüllt werden.
Für den Ausnahmefall besteht während der Planungsphase die Möglichkeit, geringfügige Anpassungen am Standard vorzunehmen.
Zwischen Möblierungselementen (z.B. Wartehalle) und der Haltekante sollte auf der ganzen Länge der Haltekante mind. eine Durchfahrbreite von 1.20m gegeben sein. Um Rollstuhlfahrenden einen autonomen Ein- und Ausstieg zu gewährleisten, muss die Haltestelle eine komplett hindernisbefreite Manövrierfläche von 5.40m und 2m Breite aufweisen. Die Wartehalle HSI® ONE mit 4 Elementen ist so ausgelegt, dass die Innenmasse des Fundaments mit Seitenwänden diese Fläche passend umschliesst. Der Manövrierbereich kann so ohne Mühe mit dem Unterstand kombiniert werden. Vor Informationsträgern ist eine freie Manövrierfläche von 1.40 x 1.40 erforderlich. Sind die Informationsträger in der Wartehalle angebracht, kann diese Fläche mit der Manövrierfläche und/oder mit dem überdachten Wartebereich für Rollstuhlfahrende von mind. 1.10m x 1.40m kombiniert werden. Im Idealfall sind diese Bereiche separat vorhanden. Die Wartehalle kann so konfiguriert werden, dass sowohl die Manövrierfläche vor dem Informationsaushang als auch der überdachte Wartebereich für Rollstuhlfahrende angeboten werden kann.
Die Standardausführung von HSI® ONE erfüllt diese Anforderungen, sofern die Haltekante bauseitig den Normen entsprechend ausgeführt wird. Im Ausnahmefall kann während der Planungsphase das Mass entsprechend der zu erwartenden Gefällesituation angepasst werden. Vom Standardmuster abweichende grafische Muster auf den Gläsern sind möglich. Es bieten sich diverse „Spielräume“ für individuelle Ausführungen und die Optionen für Druck- und Bearbeitungstechniken von Gläsern sind zahlreich vorhanden. BURRI berät Sie hier gerne eingehender dazu. Auskragende Seitenwände ohne direkte Verbindung zum Boden müssen an einer Traverse mit einem maximalen Abstand von 30cm Abstand zum Fertigbelag in der ganzen Breite ertastbar sein. Die optional bestellbaren Seitenwände des Haltestellen-Baukastensystems HSI® ONE werden direkt auf das Fundament versetzt, welches auf der gesamten Breite der Seitenwand mehr als 3cm über den Fertigbelag hinausragt.
Die horizontale Beleuchtungsstärke bei einer Haltestelle mit geringem Personenaufkommen muss mindestens 15lx entsprechen. Der Wartehallen-Baukasten HSI® ONE deckt diese Anforderung mit der zusätzlich bestellbaren Beleuchtungsoption mit rund 25lx komfortabel ab. Das Beleuchtungspaket der Wartehalle ist zudem so ausgelegt, dass der Fahrplanaushang auf der Oberfläche 100cd/m2 aufweist und dass Blendungen vermieden werden.
Informationsträger sind so zu montieren, dass die oberste informationshaltige Zeile max. 1.60m über dem Fertigbelag zu liegen kommt. Sofern alle Gefälle entlang der Haltekante bauseitig normengemäss ausgeführt werden, kann der Infoaushang an den vorkonfektionierten Befestigungspunkten des Wartehallen-Baukasten HSI® ONE einfach montiert und in der Höhe noch leicht justiert werden.
Sitzgelegenheiten an Haltestellen sollten eine Sitzhöhe zwischen 45-50cm aufweisen. Sofern die Haltekante gemäss den Normen ausgeführt und die Wartehalle gemäss den Planungsunterlagen versetzt werden kann, ist der Haltestellen-Baukasten HSI® ONE so ausgelegt, dass die Sitzfläche aller optional konfigurierbaren Sitzgelegenheiten auf einer Höhe von ca. 48cm ab Fertigbelag zu liegen kommt. Die Sitzgeometrie ist auf die Bedürfnisse betagter Personen abgestimmt. Die Sitzgelegenheiten können in jedem Element der Wartehalle angebracht werden. So können Feinjustierungen vorgenommen werden und die nötigen Warte-/Manövrier- und Aufstellflächen für Rollstuhlfahrende sauber aufeinander abgestimmt werden.
Haltekanten mit 22cm Höhe sollten mit einer weissen Markierungslinie direkt an der Haltekante entlang gekennzeichnet werden.
Die Einstiegsposition an der Position der ersten Türe der eingesetzten Fahrzeuge muss mit einem Aufmerksamkeitsfeld markiert werden, welches 0.90m x 0.90m misst. Das Aufmerksamkeitsfeld wird mit einem Abstand von mind. 0.30m von der Haltekante ausgeführt.